Warum Kyodotai – und warum jetzt
Unsere Community basiert auf dem Anerkennen und Befolgen von selbst gesetzten Regeln und Standards. Ohne Hierarchie ist es so möglich, Wissen und Können herrschaftsfrei zu teilen.
Die Generation einzelner „großer Meister“ geht ihrem natürlichen Ende entgegen. Wir nutzen den Generationenwechsel im Aikido auch als einen Wechsel in der Organisationsform.

Ein Dojo ist keine Insel
Im Kyodotai haben sich verschiedenen Dojos organisiert, deren gemeinsame Herkunft das Lehren von Yoshigasaki-Sensei ist. Anstelle einer Führungsperson haben diese Dojos sich Regeln gegeben, nach denen sie agieren, kommunizieren und forschen. Diese Regeln sind in der Kyodotai-Charta festgelegt.
Aikido lernt man nicht allein. So wie im Dojo miteinander und voneinander gelernt wird, so können auch Dojos miteinander und voneinander lernen. Dies muss irgendwie organisiert werden. Unsere Charta schafft dafür einen sinnvollen Rahmen ohne Hierarchie.
Ähnlich wie die internationale Gemeinschaft der Wissenschaftler (scientific community) organisieren wir uns in dieser Aikido-community (jap.: Kyodotai engl.: Community) über gemeinsame Standards und Regeln, die wir in unserer Charta festgelegt haben. (s. dort)
Unser Korrektiv besteht also im regelbasierten, gegenseitigen Selbstbegutachten der Dojos.
Warum Kyodotai jetzt?
Die Generation einzelner „großer Meister“ geht ihrem natürlichen Ende entgegen. Wir nutzen den Generationenwechsel im Aikido auch als einen Wechsel in der Organisationsform.
Ein Wald kann entstehen, wenn alte Bäume Schutz und Nahrung für die jungen Bäume und Pflanzen liefern. Aber auch wenn die alten Bäume gefallen sind, lebt der Wald weiter.

Im Kyodotai ist es unser gemeinsames Anliegen, Aikido kreativ weiter zu entwickeln und auch zeitgemäße Formen des Unterrichtens zu finden.
Da das Wissen in allen Bereichen, also auch im Aikido, sich immer stärker vermehrt, können einzelne Personen schon lange nicht mehr Träger allen Wissens selbst nur in einem Teilbereich sein. Die Generation einzelner großer Meister geht ihrem natürlichen Ende entgegen. Das Wissen dieser alten Meister, deren Verdienst es immerhin war, Aikido in die Welt gebracht zu haben, sollte nicht wie ein Schatz gehortet werden. Es verdient durch Austausch gewürdigt zu werden und muss, wie alles, der Entwicklung des Lebens angepasst werden. Im traditionell durch Hierarchie geprägten Bereich der martial arts mutet das auf den ersten Blick merkwürdig an. Wissen wird und wurde zumindest teilweise als „Offenbarung“ transportiert. Dies mag Hierarchien festigen, kann aber der zunehmenden Komplexität der Lebensauffassungen nicht mehr gerecht werden.
Wissen ist das Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt
Das legt nahe, Wissen zu teilen und über den Austausch zu mehr und tieferer Erkenntnis zu gelangen. Unsere Form der Organisation verzichtet auf Hierarchie. Sie ermöglicht den Wissensaustausch von Dojo zu Dojo und erleichtert so das Erforschen und Entwickeln unseres Aikido. Natürlich gibt es dabei nicht immer nur Konsens. Aber unterschiedliche Auffassungen müssen nicht über eine Hierarchie nivelliert werden, sondern können so für alle und zum Nutzen aller transparent werden. Das macht Forschen und Entwickeln produktiv!
Aikido als Weg

Nach unserer Auffassung ist Aikido als Weg (jap.: Do) kein Wiederholen der ewig gleichen Formen. Es ist vielmehr das ständige Neu-Erschaffen von Formen, um wechselnden Situationen gerecht zu werden. Die tradierten Formen sind keineswegs überflüssig – sie dienen als Orientierung und Ausgangspunkt des Forschens. So, wie die alten, gefallenen Bäume im Wald bleiben und die Pflanzen nähren.
Weg zum Frieden
Ebenso wichtige Richtschnur im Hintergrund sind humanistische Grundhaltungen: gegenseitiger Respekt, Achtung vor dem Leben und damit natürlich Frieden. Denn, ganz praktisch gedacht, versuchen wir den Angriff zu neutralisieren, nicht den Angreifer!
Dies zu realisieren klingt einfacher, als es ist. Es erfordert eine Haltung des Forschens, des Respekts und der Toleranz. Aber auch eine Haltung der Neugier und Offenheit allem Leben gegenüber.